Rosa Jaisli und Svenja Wetzenstein zum Totentanz

Frau Tod und der Sensenmann

02.07.2023 - 17.09.2023

Rosa Jaisli, Frau Catrina und Sensenmann, 2021, Pergamentpapier, Seidenpapier geklebt, 170 x 170 cm
Svenja Wetzenstein, Totentanz 2, 2019, Öl auf Holz, 40 x 30 cm
Rosa Jaisli, Das süße Leben, 2021, Pergamentpapier, Seidenpapier geklebt, 170 x 170 cm
Svenja Wetzenstein, Totentanz 6 (mit Coronavirus), 2020, Öl auf Holz, 20 x 40 cm
Rosa Jaisli, Kanonenschub, 2021, Pergamentpapier, Seidenpapier geklebt, 170 x 170 cm
Svenja Wetzenstein, Totentanz 19 (Tod und Mädchen), 2022, Öl auf Holz, 30 x 40 cm

Der Totentanz, auch als "Danse Macabre" oder "Tanz des Todes" bezeichnet, ist ein in der Kunst und Literatur verbreitetes Motiv, das sich seit dem 14. Jahrhundert entwickelt hat. Dabei werden in der Regel Skelette oder personifizierte Figuren des Todes dargestellt, die Menschen unterschiedlicher Stände und Berufe zum Tanz auffordern, um auf die Vergänglichkeit des Lebens hinzuweisen. Der Tod wird dabei oft als mächtiger Gegenspieler des Lebens dargestellt und fordert die Menschen unabhängig von ihrem Stand und Reichtum zum Tanz auf. Die Botschaft wird vermittelt, dass der Tod alle Menschen gleichermaßen holt. Von dieser kanonischen Darstellung hat sich der Totentanz bis heute emanzipiert. Die Darstellung lässt Raum für Interpretationen.

Besonders in Europa wurde der Totentanz zu einem populären Motiv in der bildenden Kunst und im Volksglauben. Bekannte Künstler wie Hans Holbein der Jüngere schufen im 16. Jahrhundert berühmte Totentanz-Zyklen, in denen der Tod als Sensenmann dargestellt wird, der Menschen aus allen Schichten mit seiner Sense abholt. Der Totentanz wurde jedoch im Laufe der Jahrhunderte immer wieder neu interpretiert und angepasst, um den sozialen, kulturellen und politischen Kontexten der jeweiligen Zeit gerecht zu werden.

Auch heute noch beschäftigen sich Künstler:innen und Schriftsteller:innen mit dem Thema des Totentanzes und bringen es in ihren Werken zum Ausdruck. Ein Beispiel dafür sind die beiden Künstlerinnen Rosa Jaisli und Svenja Wetzenstein, die sich in einer gemeinsamen Ausstellung mit dem Totentanz auseinandersetzen. Dabei haben sie das Motiv auf unterschiedliche Weise interpretiert. Das Interesse der zwei Künstlerinnen an diesem Thema und ihre Herangehensweise lässt sich durch ihre unterschiedlichen Sozialisationen erklären.

Die Bildhauerin Rosa Jaisli, die seit den 1970ern in Bremen lebt, ist in Chile geboren. Besonders in Mexiko gibt es u.a. mit dem "Dia de los Muertos" einen ausgeprägt positiven Totenkult, der bis heute trägt und Teil der nationalen Identität geworden ist. Die Figur "La Catrina", ein weibliches Skelett mit Blumenhut, wurde vom mexikanischen Kupferstecher José Guadalupe Posada geschaffen. Auch für Rosa Jaisli spielt sie eine große Rolle, da im Spanischen der Tod nicht männlich, sondern stets weiblich als "la muerte" gedacht wird. Die weiteren Inspiration für ihre Serie erhielt Jaisli schließlich in Europa durch Ausstellungen, Filme und den Bamberger Totentanz aus dem 18. Jahrhundert. Ihre Eindrücke hat die Künstlerin in 170 x170 cm großen, durchschimmernden Pergaminbögen als 16teiligen Zyklus mit Scherenschnitt und Collagen verarbeitet.

Svenja Wetzenstein, gebürtig aus Kiel, die in Achim bei Bremen lebt, hat sich mit dem Tod malerisch auseinandergesetzt. Ihre mehr als 40 kleinformatigen, neo-impressionistischen Totentanz-Bilder, die bereits seit 2015 fortlaufend entstehen, haben ihren Ursprung in der Mittelalter-Festival- Szene. Die heutigen Mittelalter-Märkte sind eine Art live Rollenspiel für Erwachsene. Die Mittelalter-Darsteller:innen organisieren sich in "Heerlagern". Die sind meist hierarchisch aufgebaut und bestehen aus Pagen, Knappen, Rittern und edlen Damen. Und zwischen ihnen darf ein wichtiger Charakter nicht fehlen: der Tod als Sensenmann. Und er ist ein gern gesehener Geselle. Svenja Wetzensteins Malerei changiert und zeigt sehr deutlich das ambivalente Verhältnis, das wir in unserer gegenwärtigen Gesellschaft zum Thema Tod haben.

Die Auseinandersetzung mit dem Tod und seiner Rolle im Leben ist ein wichtiger Bestandteil der menschlichen Existenz und spiegelt sich auch in der Kunst wider. Der Totentanz als Motiv fordert uns dazu auf, uns unserer eigenen Vergänglichkeit bewusst zu werden und das Leben zu schätzen. 

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